Stiftskirche Westempore

Orgel auf der Westempore der Stiftskirche Schlägl

1634 Andreas Putz, Passau, 1708 Johann Christoph Egedacher, Passau-Salzburg,
1989 Restaurierung Gebrüder Reil, Heerde (NL)
Hauptwerk
Principal 8'
Copl 8'
Octave 4'
Spitzfletten 4'
Quint 3'
Superoctav 2'
Mixtur VII-X
Cimbl II
Pusaundl 8'

Unterpositiv
Copl 8'
Principal 4'
Flauta 4'
Octave 2'
Quinta 1 1/2'
Cimbalum III

Pedal
Principal 16'
Octav 8'
Octav 4'
Mixtur V
Großpusaun 16'
Octavpusaun 8'

Tremulant aufs ganze Werk
Manualumfang: C-c''', kurze Oktav
Pedalumfang: C-b, kurze Oktav
ungleichschwebende Stimmungstemperatur

Die große Orgel in der Stiftskirche Schlägl geht auf den Passauer Orgelmacher Andreas PUTZ zurück. Dieser hatte sie im Auftrag des Probstes Martin Greysing im Winter 1633/34 in das Kloster gebracht, wo sie zur Primiz des Praemonstratensers Mathäus ILL am Sonntag in der Oktav des Norbertifestes 1634 zum ersten Mal erklang.

Das Instrument wurde auch bald von hervorragenden Organisten gespielt: Christian ERBACH war 1633 bis 1635 in Diensten des Propstes, anschließend der danach als Passauer Domorganist nachweisbare Georg KOPP bis 1637.

Die Beschädigungen bei einem Brand 1702 waren so groß, dass Johann Christoph EGEDACHER, wahrscheinlich unter Mithilfe seines Bruders Johann Ignaz, eine Wiederinstandsetzung zum Anlass nahm, eine Umgestaltung und Vergrößerung vorzunehmen: die Stimmtonhöhe wurde von 420 Hz auf ca. 445 Hz erhöht, die Spielanlage der einst getrennten Gehäuse Hauptwerk-Rückpositiv durch Vorschieben des Hauptkastens in die Brüstung mit Einpassen des Positivs in den Orgelfuß als hinterspielig umgestaltet und ein Brustpositiv dazugebaut, dessen Existenz die Orgelbauer Vater und Sohn NOLI aus Pilsen/Budweis festhielten, als sie 1803 wieder nach einem Brand die Orgel reparierten. Auch 1853 war eine Renovierung wegen eines Brandes notwendig, die der Ottensheimer Orgelmacher Josef BREINBAUER durchführte.

1904 vergrößerte der Urfahraner Hoforgelbauer Johann LACHMAYER die Orgel dem Geschmack der Zeit entsprechend mit einer pneumatischen Zusatzlade. Diese wurde schon 1948 wieder entfernt. Die Rückbesinnung auf den historischen Bestand führte 1960 zu einer für österreichische Verhältnisse Beispiel gebenden Renovierung durch die Orgelbaufirma Th. KUHN aus Männedorf bei Zürich. Ing. Egon Krauss war der Mentor dieses Vorhabens als damaliger Konsulent des Bundesdenkmalamtes. Er war es auch, der nicht nur die Entwicklungen im mitteleuropäischen Raum gerade in Restaurierungsfragen maßgeblich beeinflusste, sondern der auch erkannte, dass gut gemeinte Restaurierungen der 60er-Jahre nun einer letzten Konsequenz zugeführt werden müssten, die das Hineindenken in die handwerklichen Macharten eines gut dokumentierbaren Frühzustandes zum Inhalt haben. Dies wurde an der Schlägler Westorgel durch die Orgelmacherei Gebrüder REIL aus Heerde/Niederlande in den Jahren 1989/90 mit einer profunden Restaurierung durchgeführt, für die der Zustand des Jahres 1708 als Richtschnur galt. Sie beinhaltete den Bau einer neuen Windversorgung mit drei Keilbälgen, neue Trakturen, eine neue Windlade für das Unterpositiv, Rückplatzierung des im 19. Jahrhundert verstellten Pfeifenwerkes, Pfeifenrekonstruktionen und Anlegen einer ungleichschwebenden Stimmungstemperatur, die aus älteren, unveränderten Pfeifen gewonnen werden konnte. Dienlich dazu war auch das Studium analoger Orgeln in Brunnenthal, Baumgartenberg, Pesenbach, Klosterneuburg, Münsteuer, Salzburg-St. Cajetan, Lienz, Innichen, Schloß Gandegg und Vornbach/Inn, sowie die Interpretation archivalischer Quellen im Stiftsarchiv Schlägl, die genaue Untersuchung der instrumentenbaulichen Strukturen bei Demontage und die Inventarisierung des gesamten Pfeifenwerkes nach Inskriptionen.

Durch die besondere Zuwendung der Orgelbauer zu diesem Projekt ist es gelungen, die alte Schlägler Hauptorgel im Sinne des "gewachsenen Zustandes" von 1708 wiedererstehen zu lassen, zu dem zwei Kompromisse bekanntzugeben sind: Eine Rekonstruktion des unter Egedacher vorhandenen, für Continuo-Zwecke tiefer gestimmten Brustwerkes wurde aus Mangel an Information über Disposition und Größe unterlassen; desgleiche wurde von einer Rekonstruktion der Flügeltüren - wie sie für die Schlägler Hauptorgel zur Zeit Egedachers nachweisbar sind - ebenfalls aus Kenntnismangel Abstand genommen, wenngleich gesagt werden muss, dass diese eine erhebliche Einwirkung auf die Klangabstrahlung des Instrumentes in den Raum gehabt haben müssen.

Die Restaurierung stand unter der orgelsachverständigen Betreuung von Rudi van Straten (Niederländisches Reichsdenkmalamt) und DDr. Rupert Gottfried Frieberger.

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